Freitag, 21. September 2018

Entschleunigung

Freitag, 21. September: Mannheim - Worms

Ausgangs Mannheim komme ich wiederum an Industriegebieten vorbei.


Als ich bei der Friesenheimer Insel eintreffe, legt die Fähre gerade an.
"Wann fahren Sie denn wieder rüber?" frage ich den Fährmann.
"Wann möchten Sie denn fahren?"
"Am liebsten sofort."
"Also, dann steigen Sie zu."
Ich bin der einzige Fahrgast.
Die beiden Münzen für die Überfahrt drücke ich dem Fährmann in die Hand.
Der Kahn ist an einer Kette befestigt, die unter dem Wasser liegt und uns über eine Kettenrolle ans andere Ufer zieht.
"Das ist eine der ältesten Fähren dieses Typs, die gibts schon seit 125 Jahren."
"Sie haben einen schönen Beruf," sage ich auf der anderen Seite zum Fährmann, bedanke mich und gehe meines Wegs.


Jemand hat unterwegs mal gesagt: "Aha, zu Fuss, also gehts wohl um die Entschleunigung."
Für mich klang das etwas abschätzig, so als wollte ich wohl aussteigen, ein bisschen verweigern, rebellieren; es klang nach grün-alternativ, nach technikfeindlich, zurück zur Natur, bisschen Körnchen-picken und so. Es klang, als wäre die Be-schleunigung die Regel, das Normale, die Norm, der sich jeder fügt, ob er (oder sie) das nun gutheisst oder nicht; so läuft das nun mal, Tempo-Teufel, kann man nichts machen, muss man halt mittun.
Und wer sich dieser Norm entzieht, wer im Grunde genommen nur Gebrauch macht von seiner Freiheit, ist ein armer Träumer und macht sich suspekt.
Dabei ist zu-Fuss-gehen die uns angestammte, die humanste aller Fortbewegungsweisen, alle anderen sind künstlich, bedienen sich irgendwelcher Hilfsmittel, die nicht wir selbst sind. Sehr praktisch und bequem zwar, zugegeben, aber künstlich.
Gehen ist zutiefst menschlich, zwingt zur Ehrlichkeit, du kannst dich weder körperlich noch geistig verstecken. Und es hilft der Verdauung.





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