Samstag, 22. September 2018

Luther

Samstag, 22. September: Worms - Gernsheim

Der Dom von Worms ist im Grunde genommen viel zu gross für die kleine Stadt. Mächtig throhnt er auf der kleinen Anhöhe über dem Marktplatz. Als am Freitagabend die Kirchenglocken läuten, sieht man niemanden mehr telefonieren; sie übertönen alles andere.
Am Reichstag von 1521 sollen von Februar bis Mai mehr als 10'000 Gäste in Worms geweilt haben. 80 Fürsten, 130 Grafen, Botschafter ausländischer Könige und Herren. Sie alle hatten ihr Gefolge dabei, Räte, Geistliche, Ritter, Knechte, Spielleute, Diener, Hofnarren usw. Die Stadt Worms mit ihren knapp 7.000 Einwohnern musste diese logistische Herausforderung organisieren. Alle mussten irgendwo schlafen, essen, auf die Toilette gehen. Vielerorts gab es Prostitution und auch (verbotene) ritterliche Zweikämpfe wurden durchgeführt. In der Stadt war „alles wüst und wild“, oft hätten drei oder vier Menschen am Tag ihr Leben eingebüßt, kann man aus Berichten von Zeitzeugen entnehmen.
Auch der bereits exkommunizierte Augustinermönch Martin Luher war unterwegs nach Worms, allerdings nicht wegen des Reichstags, sondern weil er von Kaiser Karl V. vorgeladen worden war. Nach der Anhörung durch den Kaiser und Luthers Weigerung, seine Thesen zu widerrufen, belegte der Kaiser den Reformator mit der Reichsacht, was eine Fried- und Rechtloserklärung bedeutete, die sich auf das ganze Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erstreckte und die mit dem Verbot seiner Werke und Verbreitung seiner Schriften einherging.
Luther zog sich zurück und übersetzte im folgenden Jahr das Neue Testament ins Deutsche. Diese Übersetzung ist derart sprachmächtig und innovativ, dass sie als der Grundstein der neuhochdeutschen Standardsprache angesehen wird, wie wir sie heute im ganzen deutschen Sprachraum pflegen.
Auf einer Tafel unterhalb des Doms auf dem Marktplatz stehen die denkwürdigen Sätze Luthers: 
„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. 
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“



Auf der Fähre hinüber nach Gernsheim will einer aus einer Radlergruppe von mir wissen, wo's denn hingehe. Zuerst hier ein Nachtlager suchen und dann weiter bis an Meer. Und nichts im Voraus gebucht? Na, dann viel Glück... und falls Sie heute nichts finden, rufen Sie mich an, Fritsch mein Name.
Sehr hilfsbereite Leute hier, auch der Besitzer des Hotels Rheingold, wo leider nichts mehr frei ist, und auch Herr Moser, in dessen Gasthaus ich schiesslich fündig geworden bin. "Morgen beim Frühstück zeige ich Ihnen, wie Sie am besten ins Naturschutzgebiet kommen. Ich fahre Sie auch gerne hin."
Nee danke, aber ich mache alles zu Fuss.











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