Mittwoch, 22. August 2018

Bun viadi!

Dienstag, 21. August: Domat/Ems - Chur - Bad Ragaz
Nach einem letzten Blick auf den Somantieri mache ich mich um 9 Uhr auf den Weg.

Es gäbe noch die Geschichte zu erzählen, wie ich am Vorabend von meinem Besuch bei Mitti zurück ins Hotelzimmer gelangte. Als ich um etwa halb elf ankam, war beim Hotel alles dunkel und geschlossen, obwohl dieses bis 23 Uhr offen sein sollte. Den Schlüssel hatte ich an der Rezeption aufgehängt. Licht brannte lediglich hinter den geschlossenen Fensterläden im Nachbarhaus. Ich muss dazu sagen, dass es sich dabei um das ehemalige Haus meiner Grosseltern handelte, wo sich unsere Familie in den Ferien immer aufhielt und das später an den Sternen verkauft worden war. Ich kannte also jedes einzelne Zimmer. Was tun? Ich klopfte an einen der Läden und von innen kam ein Gemurmel in gebrochenem Englisch. Kurze Zeit später trat ein junger Inder aus dem Haus und telefonierte herum, bis im Hotel drüben Licht anging und eine junge indische Frau erschien, die von innen den Eingang öffnete, sich entschuldigte und mich einliess.

Bei Felsberg überquere ich den Rhein und verlasse somit das romanischsprachige Gebiet. Zu den bereits genannten Dingen, die sich auf meinem Weg wie Motive in wechselndem Rhythmus wiederholen, kommen drei weitere hinzu: der Lärm der Autobahn A13, gegen den das Rauschen des Rheins nicht mehr anzukommen vermag, dann die Radfahrer, die bei meinem Anblick ratlos zur Seite schauen, und schliesslich die vielen Hunde mit ihren Herrchen und Frauchen. Während zwei Hausfrauen über ihre kaputten Kühlschränke schwatzen und ihre Hunde sich gegenseitig ihr Geschlecht beschnuppern, schwingt ein Mann gedankenverloren den gefüllten roten Robidog-Beutel hin und her.




In Bad Ragaz finde ich ein preiswertes Zimmer im Hotel Quelle.
Abends beim Essen höre ich, wie sich am Nebentisch ein Ehepaar leise in einer ortsfremden Sprache unterhält. Es klingt irgendwie slawisch, bis sich beim genaueren Hinhören herausstellt, dass es romanisch ist. Als ich - zugegeben - etwas langsamer als üblich aufstehe, bemerkt die Frau meine Packung Compeed-Pflaster, die ich vorher in der Apotheke gekauft habe. Ich sei zu Fuss unterwegs seit dem Oberalppass, sage ich, worauf der Mann fragt: "Und Sie wollen nicht etwa bis nach Rotterdam?!" Wie er darauf komme? frage ich zurück. Er habe in der Zeitung gelesen oder am Radio gehört, dass einer zu Fuss nach Rotterdam wolle. Wir setzen die Konversation selbstverständlich auf Romanisch fort und das Gespräch endet mit einem herzlichen "Bun viadi!"

Mittwoch, 22. August: Bad Ragaz - Vaduz
Bad Ragaz lebt vor allem von den beiden fünf-Stern-Hotels, der Dorfkern ist ziemlich heruntergekommen und unbelebt. Einheimische sieht man wenig, gut situierte Rentner bestimmen das Bild. So bin ich nicht unglücklich, das Dorf am Morgen verlassen zu können. Dem Flüsschen "Tamina" entlang gehe ich hinunter zum Rhein, den vorgeschlagenen "Pensionisten Parcours" lasse ich aus.
Ein letztes Mal blicke ich zurück ins Tal und die Berge, woher ich gekommen bin.



Dann geht es schnurgerade dem begradigten Alpenrhein entlang, stundenlang. Ein paar mal gehe ich unter Brücken durch, an denen witzige Graffitis aufgesprayt sind.




Vorbei an Sargans, Balzers, Triesen, Sevelen gelange ich über die alte Rheinbrücke ins Fürstentum Liechtenstein hinein nach Vaduz.





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