Donnerstag, 18. Oktober 2018

Tolkamer

Mittwoch, 17. Oktober: Kalkar - Tolkamer (NL)

Wenn doch im Wunderland nur alle Kinder so schlank und rank wären wie Kernie, das Maskottchen des Familienparks! Aber die meisten sind zu dick, genauso wie ihre Eltern. Kein Wunder, auf dem Areal gibt es überall Stände, wo man gratis Pommes, Süssgetränke und Eis holen kann. Und man sieht praktisch keinen Menschen mit leeren Händen herumspazieren. Alle haben sie entweder etwas zum Essen oder eine Cola in den Händen oder beides gleichzeitig oder dann starren sie auf ihr Handy, die Erwachsenen meist noch mit einer Zigarette im Mund.
Und es ist irgendwie seltsam: Obwohl im Moment eigentlich alles da ist, was das Herz begehrt, sieht niemand so richtig glücklich und zufrieden aus. Viele sitzen auf einer Bank und blicken eher müde oder gelangweilt vor sich hin. Klar, auf den Bahnen wird gelacht und geschrien, aber sobald diese anhalten, ist auch dieser Kick schon wieder vorbei. Irgendwie wirken alle ein bisschen passiv. Das blinde Konsumieren scheint doch nicht das zu bringen, was es verheisst. Die Gier nach Fun endet im Überdruss. Nur Kernie versprüht von morgens bis abends gute Laune.


Als ich am Morgen losgehe, befällt mich die ambivalente Simmung, wie ich sie schon an vielen Tagen erlebt habe: Auf der einen Seite freue ich mich, dass ich weitergehen kann und neues erlebe, auf der andern Seite ist das Hotelzimmer und der ganze Aufenthaltsort für die letzten sechzehn Stunden mein vertrautes Zuhause geworden, das ich nur ungern verlasse. Und da ist auch stets die Ungewissheit: Wie wird der Weg heute sein? Wo werde ich wohl heute Abend landen? Werde ich wieder eine gute Unterkunft finden und wohlwollende Menschen treffen?


Nach dem Mittag überschreite ich nördlich von Emmerich die holländische Grenze. Markiert ist sie kaum, man bemerkt es höchstens an den veränderten Strassenschildern und Aufschriften. Ziemlich genau bei der Grenze fangen mich, wie vorher telefonisch vereinbart, Jupp und Brigitte ab, die ich vorgestern bei "Birthes Büdle" kennengelernt habe. Während wir in Tolkamer zusammen etwas trinken und auf den Rhein hinaus schauen, erzählt Jupp von seinen Jugendjahren an der Grenze, vom Bauernhof, auf dem er geboren wurde und der später dem Rheinkanal weichen musste, und vom Munitionsschiff, das führerlos den Rhein hinunter trieb.


Am Abend geniesse ich bei einem Bier den Sonnenuntergang an der Rheinpromenade. Der letzte Abschnitt meiner Wanderung hat begonnen.


2 Kommentare:

  1. Hallo George,
    bald hast du es geschafft.(Leider?)
    Tolle Leistung.
    Ich habe immer gespannt deinen Blog verfolgt.
    Bald gehe ich auch auf den Weg.
    Barbara hat sicher meine Karte erhalten.
    Leider konnte ich die Karte nicht in den Kommentar einfügen.
    Liebe Grüsse
    Bertil

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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