Montag, 15. Oktober 2018

Hazel

Sonntag, 14. Oktober: Duisburg - Rheinberg

Der Weg aus der Stadt hinaus ist einfacher zu finden, die Strassen sind menschenleer und autofrei und es ist noch nicht so heiss. Ich komme vorbei am 'Innenhafen', jenem Viertel Duisburgs, das Ende der Neunziger Jahren von einem brachliegenden Industriegebiet zu einem attraktiven Stadtteil umgebaut wurde, wo sich heute Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit ideal ergänzen. Das Kunstmuseum Küppersmühle ist ein ehemaliger Industriebau, der übrigens von den Architekten Herzog und de Meuron umgestaltet wurde.



Nach den Brücken über die Ruhr und den Rhein geht es wieder einmal auf ungepflasterten Wegen einfach am Rhein entlang. Was für eine Wohltat für Knie und Hüften!

Aber schon bald führt der Weg wieder vom Rhein weg zum Weiler Binsheim mit schönen landwirtschaftlichen Gebäuden und Innenhöfen links und rechts der Strasse. Bei einer solchen Einfahrt steht ein kleiner Tisch mit Baumnusssäcken, einer Waage und einem einem grossen Nussknacker darauf. Ein dunkelhäutiges, etwa 15 jähriges Mädchen lehnt etwas gelangweilt daneben am Gitterzaun.
"Hallo, ich würde zwar gerne ein paar Nüsse kaufen, aber im Gehen kann ich sie schlecht öffnen."
Das Mädchen sagt nichts, schaut mich etwas schüchtern an und weiss offensichtlich nicht so genau was tun. Sie guckt in den Hofeingang, wo ein Mann daran ist Kastanien zu rösten. Er kommt her und ich erkläre ihm mein 'Problem'.  - "Vielleicht kann sie mir einige Nüsse knacken und hier in diesen Beutel geben."
Während das Mädchen mit dem Öffnen der Nüsse beschäftigt ist, erzähle ich meine Geschichte (und auch, dass ich Lehrer war) und der Mann erzählt, wie er hier am Rhein in diesem ehemaligen Gehöft als Bauernjunge aufgewachsen ist. Und jetzt wohne er wieder hier mit seiner Frau, sie sei die Mutter des Mädchens. Als er wieder nach seinen Kastanien schauen gehen muss, frage ich das Mädchen, ob sie deutsch spreche. Sie nickt. "Und woher kommst du?"- "Aus Afrika." - "Und woher genau?" - "Aus Uganda." - "Und seit wann bist du hier?" - "Seit einem Jahr" - "Dann gehst du noch in den Deutschkurs?" - "Nein, ich gehe in den normalen Unterricht", sagt sie und blickt mich ziemlich stolz an. "Was?! Das find ich aber echt toll."
Nun bringt ihr Stiefvater noch einige heisse Kastanien und auch die Mutter ist aus dem Haus gekommen.
"Darf ich fragen, wie du heisst, ich schreibe nämlich einen Blog für meine Leute zuhause." - "Hazel."
Als mich der Mann nach der Blogadressse fragt, sehe ich, wie Hazel schon das Smartphone zur Hand hat und notiert.
"Und möchten Sie auch eine Foto machen?" fragt mich der Vater. "Nur wenn sie will", sage ich, doch schon steht das Mädchen lachend in Selfie-Pose neben mir.
Ich bekomme meine geknackten Nüsse, verabschiede mich und gehe weiter.
Was für eine schöne Begegnung - viel Glück, Hazel!









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