Mittwoch, 3. Oktober 2018

Einheit

Mittwoch, 3. Oktober: Koblenz
Dienstag, 2. Oktober: Rhens - Koblenz

"Wie bitte, alles zu Fuss?!"
Der Zahnarzt zieht den Mundschutz hinunter, als ich brummend nicke. Differenziertere Konversation liegt auf dem Patientenstuhl mit aufgesperrtem Mund ja gar nicht drin. Die Assistentin hat ihm soeben erzählt, wie ich hierher gekommen sei.
Die Knie halten, die Füsse machen prächtig mit, der Rücken trägt, nur meine Zähne, die eigentlich am wenigsten belastet werden, zeigen ihre Brüchigkeit.
Wie bereits vor sechs Wochen musste ich am Montagmorgen lange herumtelefonieren, bis ich in Koblenz einen Zahnarzttermin für den nächsten Tag erhielt.
Alle sind sehr nett und die Zahnarztgehilfin gibt mir sogar noch einige Tipps, wo ich unbedingt essen gehen solle.


Im Cafe Einstein sind alle Tische restlos besetzt, als ich heute Morgen durch die Strassen flaniere und einen Espresso trinken will. Gerapplt voll auch das nächste Cafe. Koblenz ist am Frühstücken - heute ist in Deutschland Feiertag, heute ist der Tag der Deutschen Einheit, die Wiedervereinigung vor 28 Jahren wird gefeiert.
Mehrere Migrantenverbände fordern in einem Appell anlässlich dieses Tages auch einen „Tag der deutschen Vielfalt“, lese ich in der "Welt". Bislang werde am 3. Oktober die Einheit nur aus einer „deutschdeutschen“ und „weißen“ Perspektive gefeiert. Es sollte auch einen Tag geben, an dem man die positiven Aspekte der Einwanderungsgesellschaft würdigt. Die „Bindestrichdeutschen“ auf beiden Seiten würden oft vergessen. - 
Bindestrichdeutsche - gibts einen ähnlichen Ausdruck nicht auch bei uns?



Später bringt mich die Seilbahn über den Rhein zur Festung Ehrenbreitstein, von wo aus man eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt und die Umgebung hat und deren vielfältige Geschichte sich 5000 Jahre zurückverfolgen lässt. 
Selbst der junge Johann Wolfang Goethe war hier 1772 zu Besuch auf Einladung der Schriftstellerin Sophie von La Roche, die ihre Literatensalons in einem der  Gemächer auf Ehrenbreitstein veranstaltete. Goethe war nach der enttäuschten Liebe zu Charlotte Buff in Wetzlar von Frankfurt aus zu einer Wanderung an der Lahn und im Rheintal aufgebrochen. Angeblich verliebte er sich in Ehrenbreitstein wegen ihrer schönen, schwarzen Augen in Sophies 16-jährige Tochter Maximiliane, die jedoch bereits mit dem 20 Jahre älteren Peter Antonio Brentano verlobt war. Diese beiden Liebesenttäuschungen waren mit der Anlass für die Niederschrift seines Briefromans "Die Leiden des jungen Werther".








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